Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Sonntag, 6. Juli 2014

Ramadan: Vom Fasten und Feiern

Es ist wieder Ramadan, der islamische Fastenmonat. Nicht, wie jedes Jahr zu dieser Zeit, denn da das islamische Jahr sich nach dem Mondkalender richtet und damit ca. 11 Tage kürzer ist als unseres, "wandern" die islamischen Feiertage quasi rückwärts durch unseren Kalender hindurch. Etwa aller 33 Jahre fällt demnach der Ramadan wieder auf die gleiche Anfangszeit.

Die momentanen Jahre hindurch ist das Ramadan-Fasten besonders anstrengend, da im Sommer die Tage ja besonders lang (ca. 13 Std. zwischen Sonnenauf- und -untergang) und heiß (bis zu 50°C im Schatten!) sind. Fällt der Ramadan dann wieder auf den Winter, erleichtert das die Sache für die Moslems natürlich erheblich.

Da unter Nicht-Moslems doch häufig einige Verwirrung herrscht, was den heiligen Fastenmonat für Anhänger des Islams betrifft, möchte ich daher hier einmal einige Fakten zusammenfassen.

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Was heißt es, den Ramadan einzuhalten?


Ramadan wird der 9. Monat des arabischen Kalenders genannt. Während dieser 30 Tage fasten die Gläubigen exakt von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (der Ruf des Muezzins von der nächstgelegenen Moschee gibt den Zeitpunkt vor). "Fasten" im Islam heißt - anders als in anderen Religionen, z.B. auch der katholischen Fastenzeit von Aschermittwoch bis Ostersonntag -, dass jegliche Nahrungsaufnahme inklusive des Trinkens nicht erlaubt ist.
Außerdem umfasst das Gebot auch rauchen, Sex und andere "weltliche" Vergnügungen. So sind die Fernseh- und Radioprogramme in dieser Zeit darauf ausgerichtet: Die Musik etwas traditioneller, dazu zahlreiche exklusiv religiöse aber auch kulturelle oder andere Bildungsinhalte stehen im Vordergrund. Ramdadan soll für alle Gläubigen eine Phase besonderen Willenstrainings und spiritueller Beschäftigung sein.
Nicht zuletzt soll es auch Verständnis für Menschen wecken, welche wegen ihrer Armut leider außerhalb des Fastenmonats zu oft von Hunger geplagt werden - Spendenaktionen für Arme und Bedürftige im In- und Ausland erreichen nun ihren Höhepunkt. (Die "Zakat" - die obligatorische Spende an Notleidende - gehört ja ohnehin für jeden Moslem als einer der "Fünf Säulen des Islam" zum Alltag.)

Von den strengen Fastenregeln ausgenommen sind Kinder, Alte, Kranke, Schwangere, Stillende, menstruieren Frauen und auch Reisende. Allerdings sollte man diese "entfallenen" Fastentage dann  zu einem anderen Zeitpunkt nachholen.
Eine Arbeitsbefreiuung gibt es für die Fastenden nicht! Allerdings sind die Arbeitsstunden verkürzt; vor allem für Arbeiter, die unter den teils heftigen klimatischen Bedingungen draußen tätig sind, gelten strenge Vorschriften.
Während des Ramadans steht das ganze soziale Leben mehr oder minder kopf. Man ist die ganze Nacht über auf. Wenn es für die meisten islamischen Ländern ohnehin üblich ist, dass man bis spät abends z.B einkaufen geht, so kann es einem während des Ramadans durchaus passieren, dass man auch mal einen Behörden- oder Arzttermin gegen Mitternacht erhält!

Festliche Zeit


Wer nun glaubt, dass dieser Fastenmonat für die Moslems eine traurige Angelegenheit sei, der irrt. Meist wird der Ramadan als Höhepunkt des Jahres erlebt. Mit den Kindern wird in der Zeit oft gebastelt. Ich habe sogar für die Kinder besondere Kalender gesehen, welche für jeden Tag dieses Monats ein Türchen oder Säckchen mit einer kleinen Leckerei bereit halten.....
Die Straßen und Läden sind über und über mit festlichen "Ramadan Karim"-Dekorationen und Lichterketten geschmückt, allerorten gibt es "Ramadan"-Preisnachlässe und Spezialangebote. Iftar, das Fastenbrechen zum Sonnenuntergang, wird Abend für Abend im Kreise der Familie und oft auch mit Freunden feierlich zelebriert (dafür kochen die Frauen schon Stunden zuvor....)  Es gibt ganze Kochbücher, welche sich ausschließlich besonderen Ramadan-Gerichten widmen, die es traditionell nur während dieses heiligen Monats zu essen gibt.
Auf den Straßen sollten man kurz vor Iftar möglichst nicht unterwegs sein - nicht nur mag beim einen oder anderen nach einem heißen Tag ohne Essen und vor allem Trinken die Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr etwas gemindert sein. Vor allem versuchen natürlich alle, pünktlich zum Fastenbrechen wieder daheim zu sein - also: Hupen, Rasen und Drängeln....

Höhepunkt des einmonatigen Tages-Fastens ist das Fest "Id-al Fitr" ("Zuckerfest"). Drei Tage lang wird das erfolgreiche Bestehen des Ramadans gefeiert. Jeder Moslem trägt neue Kleidung, die Kinder erhalten Süßigkeiten und Geschenke, vor allem aber besucht man sich untereinander.
Bis auf das Fasten im Tageslicht erinneren mich die Bräuche während es religiösen muslimischen Monats in vielerlei Hinsicht an unsere westliche "Advents"-Zeit...

Wenn das Umfeld nicht recht zum Inhalt des religiösen Fests passt....


Ortsschwenk von den Emiraten - etwa 5000 km Luftlinie weiter westlich. Eine Kleinstadt im Sächsischen. Der lokale Döner-Dealer füllt routiniert unsere Brottaschen. Mein Blick fällt auf ein Faltblättchen mit der Überschrift "Ramadan", das neben seiner Glastheke zum Mitnehmen ausliegt. Ich frage den türkischen Gastronomen, ob er denn auch fastet - dabei schweifen meine Augen über die so einladend aussehenden wie vor allem duftenden Zutaten. "Ja, natürlich, ich faste", gibt er freundlich zurück. Ich mache ihm ein Kompliment für seine Willensstärken. Denn während in den muslimischen Ländern ja tagsüber keine Gaststätten oder Imbisse geöffnet haben - ist hier in Deutschland die "Versuchung" natürlich wesentlich stärker. Und auch: Der Tag länger, denn unter nördlicheren Breiten geht die Sonne ja nicht nur früher auf als im Orient, sondern auch noch später unter!

Ein besonderes Dilemma tut sich für Moslems auf, welche nahe den Polgebieten wohnen, wenn der Ramadan auf die Sommermonate (Südhalbkugel: Wintermonate) fällt. Zwar ist es dort nicht so brütend heiß, dafür der helle Anteil des Tages überproportional lang - im Extremfall wird es gar nicht dunkel! Das stellt Moslems, die es in diese Weltregionen verschlagen hat, vor erhebliche Probleme, denn im Extremfall müssten sie dann alle Mahlzeiten und Gebete in weniger als einer Stunde unterbringen!
Die Islam-Gelehrten sind sich uneins: Während einige Imame verlangen, dass dies buchstabengetreu genauso (absurd) gehandhabt werden müsse wie vorgeschrieben, lassen etwas liberalere und realistischere muslimische Theologen verlauten, dass man sich nach den Sonnenzeiten in Mekka richten dürfe, wenn der "eigene" Tag länger als 18 Stunden Tageslicht nonstop mit sich bringt.
Wer sich für diese Besonderheit interessiert: Ich habe hier zwei Beiträge hinzugefügt.

Fasten in den weißen Nächten

Wenn die Sonne nie untergeht