Auf emiratischen Straßen fahren in stattlicher Anzahl Automarken herum, die ich zuvor eher aus der Kinowerbung oder vom Hörensagen kannte: Maserati, Lamborghini, Bentley, Maybach, McLaren, Ferrari u.a.. Ein roter Porsche ist da eher schon fast "gewöhnlich". Vielleicht entdecke ich ja irgendwann mal einen Devel 16, die einheimische emiratische Luxusmarke?! (s. Foto)
Die große Masse der Fahrzeuge auf hiesigen Straßen stellen allerdings meist weiße, eher gesichtslose SUVs, jeder zweite Wagen scheint hier ein Mitsubishi Pajero zu sein oder ein Toyota Landcruiser (Ja, wenn man mal einen Ausflug in die Wüste machen will, tut's die niedrige Limousine eher nicht ...)
Luxus-Karosse, made in UAE! Ein "Devel 16", 5000-PS-Liebhaberstück. - http://www.weirdstoriestotell.com/wp-content/uploads/2014/07/devel_16.jpg |
Einige (wenige) emiratische Fahrer scheinen in ihren Nobelkarossen eine eingebaute Vorfahrt auf dem linken Streifen zu besitzen. Das Gros der Verkehrsteilnehmer bleibt meist in der Spur (wenn auch oft ohne zu blinken gewechselt wird), fährt nicht gegen die Fahrtrichtung, parkt nicht mitten auf der Straße und hält brav an roten Ampeln. Alles Dinge, welche ich z.B. aus Indien und Libyen aber wirklich ganz anders kenne! Schon mal auf einer dreispurigen Autobahn mindestens fünfspurig unterwegs gewesen, alle Tempo 100 bei "Sicherheitsabstand" ca. 10 cm - und dann kommt einem auf dem Seitenstreifen jemand entgegen?!
Was alle emiratischen Verkehrsteilnehmer eint: Wer die Regeln übertritt oder bricht, wird dafür bestraft - so, wie in der westlichen Welt auch. Das scheinen aber viele nicht zu wissen oder ahnen.
Mit einem Schmunzeln erinnere ich mich an dieser Stelle eines deutschen Polizisten, den ich vergangenen Sommer beim Heimaturlaub kennenlernte: "In den Emiraten wohnen Sie? Na, das ist doch herrlich - endlich mal so RICHTIG Autofahren können, ordentlich Gas geben!", schwärmte der Mann. Ich hatte Mühe, seine hochoktanigen Urlaubsphantasien etwas zurück auf den Teppich zu holen und dem Polizisten zu erklären, dass seine Kollegen in den VAE genauso Strafen für Ordnungswidrigkeiten und Schlimmeres verhänge, wie er selbst in Deutschland.
Denn im Gegensatz zu Europa, wo man viele der immobilen "Blitzer" bereits kennt und im Radio sogar regelmäßig mobile Blitzer zusätzlich durchgegeben werden, sind entlang emiratischer Straßen und Autobahnen in kürzesten Abständen sowohl Blitzer als auch Überwachungskameras fest angebracht - dem scharfen Auge des Gesetzes entkommt man hier nicht so leicht!
Die Rundumüberwachung hat sogar recht praktische Auswirkungen: Einmal war mir an einer Ampel ein Geschäftsmann unter Zeitdruck hinten in mein Auto gefahren. Umgehend rief er die Verkehrspolizei an, um den Vorfall zu melden - nur um mitgeteilt zu bekommen: "Ja, richtig, das war soeben an der Kreuzung X /Y. Wir sind bereits auf dem Weg zu Ihnen, um das aufzunehmen, bitte räumen Sie jetzt die Kreuzung!" (Hier werden Unfallautos, so schnell es geht, von der Straße gebracht, um den Verkehr nicht zu behindern. Ist ja eh alles mitgefilmt worden ...)
Der lange Strafkatalog der emiratischen Verkehrspolizei
Auf Stadtautobahnen kann man zumeist 100 fahren, manchmal auch 60, je nach Verkehrsschild. Bei der Übertretung wiederum zeigt die Polizei durchaus Kulanz: Diese liegt nämlich bei 20km/h. Auf den meisten Autobahnen ist bei 120 km/h Ende Gaspedal ...
Der Strafkatalog selbst ist nicht nur viel zu lang, um die Tabelle hier hineinzukopieren (wer sich für Details interessiert, klickt bitte hier!) - er offenbart vor allem auch keine Zimperlichkeit, was die Höhe der Strafen angeht. Während man für das Mitnehmen von mehr als den fürs Fahrzeug zugelassenen Passagieren "nur" 3 Punkte (nicht in Flensburg, sondern bei der zuständigen emiratischen Polizei) und 200 Dirhams aufgebrummt bekommt, gibt es für Raserei (nächtliche "Rennen fahren") gleich 12 Punke und eine Geldstrafe von 2000 Dhs plus immerhin 30 Tage im Gefängnis. Und wenn man hier beim Fahren mit einem abgelaufenen Führerschein auf 3 Punkte und 200 Dhs kommt, landet man gleich eine Woche im Kittchen, wenn die "Reifen in schlechtem Zustand" sind oder aber mit einem nicht zugelassenen Fahrzeug herumgekurvt wird. (Interessanterweise muss man in beiden Fällen zusätzlich 200 Dhs zahlen, bekommt jedoch keine Strafpunkte).
Die "übersehene" rote Ampel kostet 8 Strafpunke sowie zusätzlich immerhin 800 Dhs - bei einem aktuellen (gerundeten!) Umrechnungskurs Euro - Dirhams = 1 : 4, manchmal auch eher 1 : 3,5 tut das also durchaus "weh".
Dem Benutzen des Smartphones während des Autolenkens beizukommen, scheint trotz vieler diesbezüglicher Kampagnen eine Sisyphos-Arbeit - in einem Land, wo die meisten nicht nur ein, sondern oft sogar mehrere Smartphones zu besitzen scheinen und ständig daran kleben. Gerade vorhin wäre mir beim Abbiegen fast ein Emirati mit Dubaier Kennzeichen in die Seite gerauscht, weil er permanent etwas auf seinen Touchscreen einzugeben hatte.
Anschnallpflicht - hier und da, gestern und heute
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Obwohl überall Gebotssschilder angebracht sind, die daran erinnern sollen, dass das Anschnallen der Passagiere Leben retten kann und eine Zuwiderhandlung bestraft wird, ist der Sicherheitsgurt in den VAE noch nicht zum Automatismus geworden. In der ersten Hälfte des Jahres 2015 gab die Abu Dhabi Polizei 33844 Strafzettel für Fahren ohne Sicherheitsgurt aus, in Dubai 107908 und in Sharjah 16654.
Nach wie vor gibt es allerdings kein Gesetz, welches das Anschnallen von Kindern verlangen würde! Immer wieder wird auch in den emiratischen Medien darauf hingewiesen, doch bislang bestraft die Polizei allein für das Mitfahren von Kindern unter 10 Jahren auf dem Beifahrersitz - mit 4 Strafpunkten sowie 400 Dhs. Generell ist es auf dem Rücksitz nicht verboten, unangeschnallte Kinder zu transportieren.
Ich bin mir sicher, dies wird sich in absehbarer Zeit ändern. Dieses Spiel mit dem eigenen sowie dem Leben der Kinder erscheint vielen sicherlich unbegreiflich. Doch gehen wir in der Geschichte der Bundesrepublik ein wenig zurück - einige ältere Leser erinnern sich möglicherweise auch noch selbst daran - das in Deutschland die Anschnallpflicht für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr bzw. einer Körpergröße bis 1,50 m erst seit dem 1. April 1993 gesetzlich vorgeschrieben ist! Es ist auch alles eine Frage des Verständnisses, der Information und der Gewohnheit. Wer sich der Gefahren nicht bewusst ist, schützt sich eben nicht davor. In den Emiraten braucht es sicher noch etwas Erklärung und Agitation hierfür (hier z.B.).
Werbung für das Anschnallen von Kindern. Quelle:http://www.thenational.ae/storyimage/AB/20151204/ARTICLE/151209626/AR/0/&NCS_modified=20151206084645&MaxW=640&imageVersion=default&AR-151209626.jpg |
Dazu fällt mir eine alte Geschichte ein. Als wir in Libyen lebten (wo das Anschnallen der Kinder noch weit "exotischer" als hier war), hatten viele einheimische Autofahrer oft regelrecht Mitleid mit unseren "armen" Töchtern, die da hinten im Fond quasi gefesselt saßen - ihre eigenen Kinder turnten häufig beim Fahren quer durch den ganzen Fahrgastraum!
Einmal sprach mich ein libyscher Freund direkt daraufhin an. Ich erklärte ihm, dass so ein Kind bei einem Aufprall völlig rettungslos, wie ein Geschoss, durch die Frontscheibe geschleudert würde. Genickbruch inklusive, Ende. Er sah mich fasssungslos an, nickte dann lange und erklärte: "So habe ich das noch nie gesehen. Das stimmt. Wenn ich einmal Kinder habe, werde ich sie auch in so einem Kindersitz anschnallen!"
Und fassen wir uns an unserer eigenen Nase - hatten sich alle Deutschen sofort begeistert hinter die Gurte gezwängt, als das Gesetz damals herauskam? Wohl eher nicht:
"Die Einführung einer Gurtpflicht stieß in vielen Ländern auf heftigen Widerstand. Die nicht sanktionsbewehrte Gurtpflicht auf Vordersitzen in der Bundesrepublik im Jahre 1976 traf auf den großen Widerstand vieler Autofahrer. (...) Erst als das Fahren ohne Gurt ab dem 1. August 1984 mit einem Bußgeld von 40 DM geahndet wurde, stieg die Anschnallquote von 60 auf 90 Prozent." (Quelle) Na, das ist nun auch wieder noch nicht so lange her, oder?
Optimistischerweise sollte man davon ausgehen, dass der Griff zum Anschnallgurt für Erwachsene wie Kinder in den kommenden zwanzig, dreißig Jahren in den VAE genauso selbstverständlich werden sollte, wie in der westlichen Welt schon heute. Die Emiratis haben damit auch erst später angefangen.