Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Sonntag, 30. Oktober 2016

Halloween im Anmarsch

Grinsende Kürbisse auch in der Gemüseabteilung eines "Spinneys"-Supermarkts in Abu Dhabi


Bald treiben wieder finstere Gestalten ihr Unwesen und verbreiten ein wenig wohlkalkulierten Grusel (klar - ursprünglich zu Abschreckung weit schaurigerer, weil "echter" Geister!). Klopften einst die verkleideten Gespenster nur in Irland in der Halloween-Nacht am 31. Oktober an die Türen und forderten mit "Trick or treat!" eine milde Gabe, nahmen die Auswanderer diesen Brauch dann mit nach Amerika, wo er riesengroß wurde. Und von da aus begann Halloween dann seinen Siegeszug um die Welt.

Heute rufen auch deutsche Kinder, mehr oder minder gruselig verkleidet, an den Türen unbescholtener Haushalte "Süßes oder (ihr kriegt) Saures!" und fordern damit ein Süßigkeitenkontingent ein, das jeden Zahnarzt erblassen lässt (ob aus Entsetzen wegen der Kariesgefahr oder aber Freude ob neuer Patienten, sei mal dahingestellt ...)


Pünktlich vor Halloween gibt's im Supermarkt Grusel-Kram jeglicher Art zu kaufen.


Auch in den Emiraten ist der heidnische Mummenschanz längst "angekommen". Die anglo-amerikanisch sozialisierten kleinen und großen Ungeister feiern dann ausgelassen und mit Hang zur optischen Über-Opulenz. Die anderen machen nur zu gern mit. Vor allem für die europäischen Expat-Kinder ist Halloween in der emiratischen Gastheimat auch ein Stück Ersatz für Karneval, Mardi Gras, Fasching,... einfach die "tollen Tage", welche hier leider keinen Einzug gefunden haben.


Wo Licht an ist, darf "gebettelt" werden


Zum "Zentrum" der Halloween-Parties hat sich in Abu Dhabi mit der Zeit das vorwiegend von Expats bewohnte Compound Mangrove Village entwickelt. Dort werden nicht nur teils ganze Häuser aufwändigst dekoriert und schön schaurig hergerichtet. Vor allem Kinder und Jugendliche aus der ganzen Stand kommen dann dort zusammen und schweifen nach Anbruch der Dunkelheit in zumeist Horden nicht unter zehn wild kostümierter Gestalten herum, um an den Türen nach Süßem zu betteln.  Man glaubt ja gar nicht, wie schnell ungefähr 4 Kilo Süßigkeiten alle werden können! (vor Halloween werden diese in den Supermärkten zu Discount-Preisen angeboten ....)

Damit Leute, welche mit Halloween nix am Hexenhut haben oder aber einfach ihre abendliche Ruhe haben wollen, nicht von den marodierenden kleinen Ungeistern gestört werden, gilt die Regel: Licht auf der Vortreppe an, Grinse-Kürbis steht auf der Schwelle, bisschen Halloween-Deko ist sichtbar - hier darf man klingeln und wird auch "belohnt". An extra dunkel gehaltenen Eingängen ohne Deko hingegen darf nicht geläutet werden. So sind dann alle zufrieden.

Tja, und wie man oben sieht, sind auch die Supermärkte natürlich allerbestens mit Süßigkeiten und Grusel-Dekomaterial vorbereitet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bilder von Halloween 2015 in Mangrove Village, Abu Dhabi



Feiern verbindet über Kulturgrenzen hinweg - warum nicht auch Halloween?


Wenn man bedenkt, dass wir hier in einem islamischen Land leben, in welchem pro forma nur die drei Buchreligionen anerkannt werden und dennoch "heidnische" Feste wie eben dieses fröhlich begangen werden dürfen (ja, auch emiratische Jugendliche sind beim "Betteln" mit ihren internationalen Freunden unterwegs), fasse ich mir vorsichtig an den Kopf, wenn ich höre: In Deutschland gibt es inzwischen schon Einrichtungen, welche in vorauseilendem Gehorsam (wem gegenüber?) für Kinder solche Feste wie St. Martin, Nikolaus oder Ostern "abschaffen". Damit neu Hinzugekommene - also demnach ebenfalls Expats - aus anderen Kulturkreisen sich nicht verstört fühlen mögen.

Welch ein Unfug! Gerade im gemeinsam feiern, essen und Spaß haben entsteht gegenseitiges Interesse, Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Kulturen, Bräuchen und Eigenarten! An der deutschen Schule in Abu Dhabi (GISAD) z.B. findet nach wie vor ein St. Martins-Umzug statt. Und an dem nehmen selbstredend Schüler aller Nationen und Religionen teil: Das Martinslied singend, Lampions schwenkend und gemeinsam Betmännchen essend.





Bilder vom Halloween 2016 (wurde aus Kinderfreundlichkeit am WE bereits vorgezogen gefeiert ....)

Sonntag, 23. Oktober 2016

Neues Gesetz erlaubt Angleichung für Transgender in Abu Dhabi



Transgender in den Vereinigten Arabischen Emiraten ... Klingt im ersten Moment nicht wie etwas, was man als Betroffene/r gern erleben möchte. Das Land stellt beispielsweise Homosexualität zumindest auf dem Papier noch unter Strafe, allerdings findet eine „aktive“ Verfolgung Homosexueller oder Transsexueller in den VAE nicht statt. (man vergleiche: in Deutschland wurde der berüchtigte §175 in der BRD 1971 und in der DDR 1957 aufgehoben.)

https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AA_TransGender-Symbol_Plain3.svg
 
Natürlich leben viele einheimische und ausländische homosexuelle Männer und Frauen teils schon viele Jahre in den Vereinigten Emiraten - nur machen sie hier eben keine Regenbogenparaden. Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung hierzulande einfach weniger frei in der Öffentlichkeit präsentieren als in der westliche Welt. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass auch als "konform" verstandene Männlein-Weiblein-Pärchen hier nicht vor aller Augen herumknutschen sollten, weil es als Verstoß gegen Sitte und Anstand verstanden würde.

Wie auch immer, sich im falschen Körper gefangen zu fühlen und eine äußerliche Angleichung erzielen zu wollen ist ein unter der breiten Masse im "Westen" noch nicht so lange bekanntes, hierzulande jedoch ein ziemlich neu wahrgenommenes Phänomen.

Unlängst stand in der emiratischen Tageszeitung "7Days" ein Interview mit einer emiratischen Frau, welche sich ab dem Alter von fünf Jahren bereits als im falschen Körper gefangen empfand und nun operativ eine optische Angleichung erzielen möchte.

Dazu hat sie sich - und das ist neu - rechtlichen Beistand geholt. Ali Al Mansouri hat sich ihre medizinische Akte durchgelesen. Die "Reem" genannte Frau, welche nach wie vor in Abahja zur Arbeit geht - worunter sie Männerkleidung trägt -  lebt von ihrer Herkunftsfamilie getrennt (das ist, unverheiratet, in den VAE sehr ungewöhnlich), da sie dort kein Verständnis für ihre Probleme fand. Mit Hilfe ihres Anwalts trug sie ihren Fall bei Gericht vor. Ihre Chancen stehen recht gut, denn gerade erst vor wenigen Wochen wurde das Gesetz Federal Decree No 4 of 2016 on Medical Responsibility durch den Präsidenten, Sheikh Khalifa, verabschiedet, welches neuerdings Transgender-Operationen in den VAE erlaubt.

Änderungen des Geschlechts mittels medizinischer Eingriffe werden fortan vom Gesetzesgeber unterstützt, wenn das natürliche Geschlecht einer Person unklar ist oder Untersuchungen durch Mediziner ergeben, dass die optische Erscheinung dauerhaft und eindeutig nicht mit der selbst wahrgenommenden Identität übereinstimmt.

Mädchen .... mit Bart


Ich erinnere mich einer Begebenheit. Meine Familie und ich wollten eine hiesige Konsummesse besuchen. Im Aufzug stieg eine Gruppe junger emiratischer Mädchen zu - fröhlich schnatternd; unter den schwarzen Abahjas und dem Kopftuch lugten modische Kleider, Highheels und farbenprächtiges Make-up hervor.
Ich schenkte ihnen keine große Beachtung, bis mir eine Stimme unter den Frauen auffiel: Die war ungewöhnlich dunkel. Ich warf einen genaueren Blick auf das Mädchen. Ein schmales Gesicht mit langen, getuschten Wimpern, jeder Menge Kajal und Lippgloss, wie ihre Schwestern oder Freundinnen auch. Und ... unter dem Rouge ein zarter, aber sichtbarer Bartschatten!

Ob es nun einfach ein Scherz, der gewagte Neugier-Ausflug eines Cousins in Mädchenkleidern war (nicht ganz "ohne", denn cross dressing ist in den VAE offiziell zumindest für Männer nicht erlaubt) oder aber solch ein Transgender Mann, welcher in diesem Falle als Frau leben möchte, konnte ich natürlich nicht erkennen.

Die neuen Gesetze werden Menschen mit einer sexuellen Identitätsstörung in den VAE nun zumindest das Leben etwas leichter machen. Bis zur breiten gesellschaftlichen Aktzeptanz wird es wahrscheinlich länger dauern; doch eine Diskussion in einem Zeitungsforum hier zum  Thema der Geschlechtsumwandlung der jungen Frau, um die es eingangs ging, liest sich - quer durch Nationalitäten und Konfessionen - gar nicht so viel anders, wie es eine in einem deutschen Medium heuzutage wohl würde. Es geht hoch her, ich habe einige Auszüge einmal frei übersetzt:

(....)
Herr A: Die VAE müssen solche Mannweiber drankriegen, die verderben andere Frauen die gehören verboten oder sollten gezwungen werden normale Frauen zu werden
Herr B: Oh, so eloquent!
Frau C: Traurig, Ein Kopf ohne Hirn. *kopfschüttel*
Frau D: Ignoranz vom Feinsten!
Frau E: Möge Allah sie zu dem geleiten, was am besten für sie ist.
Herr F: Ehe ist die einzige Kur für ihre Geisteskrankheit.
Herr G: Also, falls du verheiratet sein solltest, hat das offensichtlich nicht gegen deine Geisteskrankheit geholfen. Zu glauben, andere Leute würden an psychischen Krankheiten leiden ist selbst eine. So, was sollte man mit dir machen, um dich von deiner Kranheit zu heilen?
Frau H:  Herr F, Sie brauchen dringend eine Therapie! Sofort!
Frau I: Herr A, ich überlege die ganze Zeit, was dich heilen könnte ... hab immer noch nichts gefunden

(....)

     

Donnerstag, 13. Oktober 2016

VAE - im Ranking drittsicherstes Land der Welt


Wir hatten ja das Thema nachweisliche vs. gefühlte Lebensqualität - hier wie anderswo - unlängst erst an dieser Stelle.


Deshalb will ich kurz noch einmal darauf zurückkommen, eine Zeitungsmeldung heute brachte mich darauf. Neben solchen Aspekten wie Arbeitsklima und -belastung, Lebenshaltungskosten, Wohnort, Umwelt(-verschmutzung), Freizeitmöglichkeiten, Familienfreundlichkeit, Klima, medizinischer Versorgung uva. ist die tägliche Sicherheit im Umfeld ein sehr gewichtiger Faktor.
Es ist schon ein Unterschied, ob man sich nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr aus dem Haus traut und auf abendliche Aktivitäten außerhalb lieber verzichtet, ob man sich gar nur ohne Uhr und Schmuck und mit Waffe sicher fühlt, als Frau lieber nur "unsichtbar" ist, ob es Anschläge gibt, man Wertsachen lieber nur am Körper trägt und ständig ein Auge auf seine persönlichen Utensilien, das Fahrrad, das Auto und seine Kinder sowieso haben muss.

Zugegebenermaßen wird man in puncto Wachsamkeit nach einiger Zeit des Lebens in den Vereinigten Arabischen Emiraten nachlässig. Wie oft schon hat jemand seine Haustür oder das Auto vergessen abzuschließen? Wie oft seine Tasche, das Portemonnaie oder das teure Handy irgendwo liegen lassen? Man könnte hier - so man Lust hätte - zu jeder Tages- und Nachtzeit joggen, ausgehen, den Hund ausführen.
Wer nachts gern spazierengeht, kann das unbeschadet tun. Wer sein Smartphone im Café vergessen hat und dann aufgeregt zurück rennt, bekommt es oft schon von der Bedienung oder einem aufmerksamen Cafégast entgegengebracht. Läuft eher unter "gern, keine Ursache!".

Und so kommt es zu der gefühlt grotesken Situation, dass man sich selbst oder auch die Kinder vor einer Reise nach Europa, in deutsche oder andere Großstädte, dann mit Ermahnungen der Art instruiert: "Lass' das Handy daheim oder trage es wenigstens nahe am Körper. Häng' deinen Rucksack nicht so halboffen und nachlässig um und überall unbeaufsichtigt hin. Schließ die Tür ab." usw.

Nein, das mit der Kriminalität ist nicht nur Einbildung oder gar Voreingenommenheit. Eine Studie des World Economic Forum (WTF) hat in einem Ranking zu den sichersten Ländern der Welt die VAE auf Platz 3 nominiert, hinter Katar und Finnland und vor Island und Österreich.
Das Ranking basiert, neben anderen Aspekten, auf den durch gewöhnliche Kriminalität und Gewalttaten wie auch Terrorismus verursachten Kosten sowie das Maß an Polizeipräsenz und -arbeit, auf das man sich zur Vermeidung von Kriminalität stützen kann.

Natürlich gibt es auch in den VAE den einen oder anderen Diebstahl. Und natürlich wird dies und anderes von staatlicher Seite geahndet! Auch Gewalt und Mord werden immer einmal wieder in den Tagesmeldungen thematisiert. Selbstverständlich - auch in den Emiraten leben ja am Ende nur normale Menschen, und z.B. Beziehungstaten oder durch psychische Erkrankungen motivierte Gewaltakte können nirgends auf der Welt mit Sicherheit verhindert werden.

Für alle, welche mit dem Gedanken spielen, eine Zeitlang in den VAE zu arbeiten und zu leben - noch sicherer werdet ihr euch nur an wenigen Orten wieder fühlen. Hoffen wir alle, dass es lange so bleibt.



Dienstag, 4. Oktober 2016

Autofahren in den VAE und saftige Verkehrsstrafen


Auf emiratischen Straßen fahren in stattlicher Anzahl Automarken herum, die ich zuvor eher aus der Kinowerbung oder vom Hörensagen kannte: Maserati, Lamborghini, Bentley, Maybach, McLaren, Ferrari u.a.. Ein roter Porsche ist da eher schon fast "gewöhnlich". Vielleicht entdecke ich ja irgendwann mal einen Devel 16, die einheimische emiratische Luxusmarke?! (s. Foto)
Die große Masse der Fahrzeuge auf hiesigen Straßen stellen allerdings meist weiße, eher gesichtslose SUVs, jeder zweite Wagen scheint hier ein Mitsubishi Pajero zu sein oder ein Toyota Landcruiser (Ja, wenn man mal einen Ausflug in die Wüste machen will, tut's die niedrige Limousine eher nicht ...)


Luxus-Karosse, made in UAE! Ein "Devel 16", 5000-PS-Liebhaberstück. -                           http://www.weirdstoriestotell.com/wp-content/uploads/2014/07/devel_16.jpg


Einige (wenige) emiratische Fahrer scheinen in ihren Nobelkarossen eine eingebaute Vorfahrt auf dem linken Streifen zu besitzen. Das Gros der Verkehrsteilnehmer bleibt meist in der Spur (wenn auch oft ohne zu blinken gewechselt wird), fährt nicht gegen die Fahrtrichtung, parkt nicht mitten auf der Straße und hält brav an roten Ampeln. Alles Dinge, welche ich z.B. aus Indien und Libyen aber wirklich ganz anders kenne! Schon mal auf einer dreispurigen Autobahn mindestens fünfspurig unterwegs gewesen, alle Tempo 100 bei "Sicherheitsabstand" ca. 10 cm - und dann kommt einem auf dem Seitenstreifen jemand entgegen?!

Was alle emiratischen Verkehrsteilnehmer eint: Wer die Regeln übertritt oder bricht, wird dafür bestraft - so, wie in der westlichen Welt auch. Das scheinen aber viele nicht zu wissen oder ahnen.

Mit einem Schmunzeln erinnere ich mich an dieser Stelle eines deutschen Polizisten, den ich vergangenen Sommer beim Heimaturlaub kennenlernte: "In den Emiraten wohnen Sie? Na, das ist doch herrlich - endlich mal so RICHTIG Autofahren können, ordentlich Gas geben!", schwärmte der Mann. Ich hatte Mühe, seine hochoktanigen Urlaubsphantasien etwas zurück auf den Teppich zu holen und dem Polizisten zu erklären, dass seine Kollegen in den VAE genauso Strafen für Ordnungswidrigkeiten und Schlimmeres verhänge, wie er selbst in Deutschland.

Denn im Gegensatz zu Europa, wo man viele der immobilen "Blitzer" bereits kennt und im Radio sogar regelmäßig mobile Blitzer zusätzlich durchgegeben werden, sind entlang emiratischer Straßen und Autobahnen in kürzesten Abständen sowohl Blitzer als auch Überwachungskameras fest angebracht - dem scharfen Auge des Gesetzes entkommt man hier nicht so leicht!

Die Rundumüberwachung hat sogar recht praktische Auswirkungen: Einmal war mir an einer Ampel ein Geschäftsmann unter Zeitdruck hinten in mein Auto gefahren. Umgehend rief er die Verkehrspolizei an, um den Vorfall zu melden - nur um mitgeteilt zu bekommen: "Ja, richtig, das war soeben an der Kreuzung X /Y. Wir sind bereits auf dem Weg zu Ihnen, um das aufzunehmen, bitte räumen Sie jetzt die Kreuzung!" (Hier werden Unfallautos, so schnell es geht, von der Straße gebracht, um den Verkehr nicht zu behindern. Ist ja eh alles mitgefilmt worden ...)


Der lange Strafkatalog der emiratischen Verkehrspolizei


Auf Stadtautobahnen kann man zumeist 100 fahren, manchmal auch 60, je nach Verkehrsschild. Bei der Übertretung wiederum zeigt die Polizei durchaus Kulanz: Diese liegt nämlich bei 20km/h. Auf den meisten Autobahnen ist bei 120 km/h Ende Gaspedal ...

Der Strafkatalog selbst ist nicht nur viel zu lang, um die Tabelle hier hineinzukopieren (wer sich für Details interessiert, klickt bitte hier!) - er offenbart vor allem auch keine Zimperlichkeit, was die Höhe der Strafen angeht. Während man für das Mitnehmen von mehr als den fürs Fahrzeug zugelassenen Passagieren "nur" 3 Punkte (nicht in Flensburg, sondern bei der zuständigen emiratischen Polizei) und 200 Dirhams aufgebrummt bekommt, gibt es für Raserei (nächtliche "Rennen fahren") gleich 12 Punke und eine Geldstrafe von 2000 Dhs plus immerhin 30 Tage im Gefängnis. Und wenn man hier beim Fahren mit einem abgelaufenen Führerschein auf 3 Punkte und 200 Dhs kommt, landet man gleich eine Woche im Kittchen, wenn die "Reifen in schlechtem Zustand" sind oder aber mit einem nicht zugelassenen Fahrzeug herumgekurvt wird. (Interessanterweise muss man in beiden Fällen zusätzlich 200 Dhs zahlen, bekommt jedoch keine Strafpunkte).

Die "übersehene" rote Ampel kostet 8 Strafpunke sowie zusätzlich immerhin 800 Dhs - bei einem aktuellen (gerundeten!) Umrechnungskurs Euro - Dirhams = 1 : 4, manchmal auch eher 1 : 3,5 tut das also durchaus "weh".

Dem Benutzen des Smartphones während des Autolenkens beizukommen, scheint trotz vieler diesbezüglicher Kampagnen eine Sisyphos-Arbeit - in einem Land, wo die meisten nicht nur ein, sondern oft sogar mehrere Smartphones zu besitzen scheinen und ständig daran kleben. Gerade vorhin wäre mir beim Abbiegen fast ein Emirati mit Dubaier Kennzeichen in die Seite gerauscht, weil er permanent etwas auf seinen Touchscreen einzugeben hatte.


Anschnallpflicht - hier und da, gestern und heute

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Obwohl überall Gebotssschilder angebracht sind, die daran erinnern sollen, dass das Anschnallen der Passagiere Leben retten kann und eine Zuwiderhandlung bestraft wird, ist der Sicherheitsgurt in den VAE noch nicht zum Automatismus geworden. In der ersten Hälfte des Jahres 2015 gab die Abu Dhabi Polizei 33844 Strafzettel für Fahren ohne Sicherheitsgurt aus, in Dubai 107908 und in Sharjah 16654.
Nach wie vor gibt es allerdings kein Gesetz, welches das Anschnallen von Kindern verlangen würde! Immer wieder wird auch in den emiratischen Medien darauf hingewiesen, doch bislang bestraft die Polizei allein für das Mitfahren von Kindern unter 10 Jahren auf dem Beifahrersitz - mit 4 Strafpunkten sowie 400 Dhs. Generell ist es auf dem Rücksitz nicht verboten, unangeschnallte Kinder zu transportieren.

Ich bin mir sicher, dies wird sich in absehbarer Zeit ändern. Dieses Spiel mit dem eigenen sowie dem Leben der Kinder erscheint vielen sicherlich unbegreiflich. Doch gehen wir in der Geschichte der Bundesrepublik ein wenig zurück - einige ältere Leser erinnern sich möglicherweise auch noch selbst daran - das in Deutschland die Anschnallpflicht für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr bzw. einer Körpergröße bis 1,50 m erst seit dem 1. April 1993 gesetzlich vorgeschrieben ist! Es ist auch alles eine Frage des Verständnisses, der Information und der Gewohnheit. Wer sich der Gefahren nicht bewusst ist, schützt sich eben  nicht davor. In den Emiraten braucht es sicher noch etwas Erklärung und Agitation hierfür (hier z.B.).


Werbung für das Anschnallen von Kindern.  Quelle:http://www.thenational.ae/storyimage/AB/20151204/ARTICLE/151209626/AR/0/&NCS_modified=20151206084645&MaxW=640&imageVersion=default&AR-151209626.jpg

Dazu fällt mir eine alte Geschichte ein. Als wir in Libyen lebten (wo das Anschnallen der Kinder noch weit "exotischer" als hier war), hatten viele einheimische Autofahrer oft regelrecht Mitleid mit unseren "armen" Töchtern, die da hinten im Fond quasi gefesselt saßen - ihre eigenen Kinder turnten häufig beim Fahren quer durch den ganzen Fahrgastraum!
Einmal sprach mich ein libyscher Freund direkt daraufhin an. Ich erklärte ihm, dass so ein Kind bei einem Aufprall völlig rettungslos, wie ein Geschoss, durch die Frontscheibe geschleudert würde. Genickbruch inklusive, Ende. Er sah mich fasssungslos an, nickte dann lange und erklärte: "So habe ich das noch nie gesehen. Das stimmt. Wenn ich einmal Kinder habe, werde ich sie auch in so einem Kindersitz anschnallen!"


Und fassen wir uns an unserer eigenen Nase - hatten sich alle Deutschen sofort begeistert hinter die Gurte gezwängt, als das Gesetz damals herauskam? Wohl eher nicht:
"Die Einführung einer Gurtpflicht stieß in vielen Ländern auf heftigen Widerstand. Die nicht sanktionsbewehrte Gurtpflicht auf Vordersitzen in der Bundesrepublik im Jahre 1976 traf auf den großen Widerstand vieler Autofahrer. (...) Erst als das Fahren ohne Gurt ab dem 1. August 1984 mit einem Bußgeld von 40 DM geahndet wurde, stieg die Anschnallquote von 60 auf 90 Prozent." (Quelle) Na, das ist nun auch wieder noch nicht so lange her, oder?

Optimistischerweise sollte man davon ausgehen, dass der Griff zum Anschnallgurt für Erwachsene wie Kinder in den kommenden zwanzig, dreißig Jahren in den VAE genauso selbstverständlich werden sollte, wie in der westlichen Welt schon heute. Die Emiratis haben damit auch erst später angefangen.