Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Samstag, 18. Oktober 2014

Karriere im Schleier: Bekannte Emiratische Unternehmerinnen, Künstlerinnen u.v.a.

Im Alltag verhüllen sich emiratische Frauen traditionell ganz in schwarz - mit Kopftuch und Abahja, viele auch noch zusätzlich mit dem Gesichtsschleier. Ein Stück weit werden sie also damit "unsichtbar" für ihre Umgebung. Aber wie ist das in der Gesellschaft? Spielen emiratische Frauen da keinerlei Rolle?

Um diese Frage zu beantworten, habe ich mal ein bisschen intensivere Recherche betrieben. Ausgehend von einigen wenigen Beispielen, von denen ich wusste, habe ich nach Emiratinnen gesucht, welche in Wirtschaft, Kunst oder anderen Feldern hierzulande eine Rolle spielen und auch von der Gesellschaft beachtet "ihre Frau stehen".

Die erste emiratische Filmregisseurin überhaupt ist Nayla Al Khaja.
http://www.naylaalkhaja.com/category/about/
Nayla Al Khaja ist eine der bisher noch wenigen Frauen im jungen emiratischen Filmgeschäft. Neben ihren Regisseursarbeiten hat sie bereits eine Fernseh- und Spielfilm-Produktionsfirma gegründet. (Ihre Homepage)

Auf dem Foto darunter ist Dubais Kronprinz und Vorsitzender des Dubai Executive Council zu sehen, einer Regierungskörperschaft zur Einführung und Durchsetzung der strategischen Stadtentwickungspläne Dubais - während eines Gespräch mit einheimischen Frauen in Führungspositionen zum Thema "Marke Dubai", einer Initiative zur Vermarktung von öffentlichen Dubai-Großprojekten, wie Fuß- und Radwegen, Stränden und Plätzen. Scheich Hamdan bin Mohammed bin Rashid Al Maktoum ("Fazza" ist sein poetisches 'Alter Ego') traf sich hier u.a. mit der Generaldirektorin des Dubai Medien-Büros, Mona Ghanim Al Marri und der Direktorin für Kommunikation und Innovation, Noora Al Abbar.
Foto: http://www.emirates247.com/news/government/implement-brand-dubai-hamdan-2014-10-14-1.566270

Warum gehen Emiratinnen einer Berufsarbeit nach, und was machen sie? In einem Beitrag der GulfNews findet sich dies:

"Frauen arbeiten, ob nun für ihr eigenes Geschäft oder im öffentlichen oder privaten Sektor, aus zwei Hauptgründen: Entweder sie müssen arbeiten, oder sie wollen arbeiten.
Die Studie zeigt, dass der Wunsch nach höherem Einkommen nicht die Hauptmotivation für emiratische Frauen ist, künftige Unternehmerinnen zu werden. Der Lebensstandard in den VAE reduziert die ökonomischen Gründe beträchtlich; dies lässt nur einen Hauptgrund gelten: Weil sie arbeiten wollen. (...)
Frauen-geleitete Unternehmen repräsentieren eines der am schnellsten wachsenden Segmente neuer Firmengründungen weltweit. In den USA gehören etwa 10 % der neuen Unternehmen Frauen, während in Thailand diese Zahl auf über 45 % schießt.

'13.000 Frauen besitzen hier etwa 20.000 Firmen', sagte unlängst Fatima Al Jaber, die Vorstandsvorsitzende des Emirates Business Women Council, auf einem Forum für Wirtschaftstreibende des Privatsektors, welches von der Vereinigung der Industrie- und Handelskammer der VAE veranstaltet worden war.
Die Hauptfelder, in welchen emiratische Frauen operieren, sind Gründungen im Einzelhandel (43%) und dem Servicesektor (56%). Weibliche Enterpreneure in den Emiraten investieren in Felder wie Handel, Industriefinanzierung, Immobilienhandel, Tourismus, Messen und Ausstellungen sowie Bau und Serviceunternehmen.
Das lässt emiratische Frauen gut dastehen, zumal eine Statistik enthüllt, dass 77 % der Mädchen in den VAE einen höheren Bildungsweg abschließen, was tatsächlich 24 % mehr sind als proportional die männlichen Studenten, welche in höheren Bildungseinrichtungen eingeschrieben sind.
'Mein Vater war Geschäftsmann; er gab mir den Anstoß, erfolgreich zu werden. Er glaubte an meine Fähigkeiten, ermutigte mich, mein eigenes Unternehmen zu gründen. Später hat mich dann auch mein Ehemann sehr unterstützt", sagt Amani Al Omran.
'Ich besitzte jetzt zwei erfolgreiche Unternehmen: Einen Laden für Marken-Schals sowie eine Beratungsfirma für Management-Training. Ich hätte das ohne meines Vaters Unterstützung bestimmt nicht geschafft', setzt sie hinzu.
Aisha Yousef sagt ebenfalls, dass sie von ihrer Familie Hilfe bekam, um ihr 'Photographya Studio' zu gründen. 'Meine Familie hat stets unterstützt und glaubte an mein Wissen und meine Fähigkeiten, solche ein Unternehmen erfolgreich zu gründen, besonders meine Mutter, mein Bruder und meine Schwester. Sie haben meine Projekte, die Entwicklungen und meine Ideen regelmäßig verfolgt", sagt Aisha.
Azza Al Qubaisi, eine berühmte Schmuckdesignerin, hebt ebenfalls ihre Familie hervor. 'Sie haben mir genug vertraut, mir ohne Forderungen die Zeit zu geben, mit meinem eigenes Business Fuß zu fassen, und entließen mich aus einigen gewissen Familienverpflichtungen', sagt sie.
Da Frauen die traditionelle Rolle beibehalten haben, sich um ihre Kinder zu kümmern, bleibt die Unterstützung von Familienmitgliedern (Schwestern, Mutter usw.) ein wichtiges Element für eine Unternehmerin, um beiden Anforderungen, im Beruf und bei ihren Kindern, gerecht werden zu können.
'Nach der Heirat teilte mein Mann sich die häuslichen Verpflichtunge mit mir, besonders während meiner Schwangerschaft. Ohne das wäre es schwierig geworden, mein Unternehmen erfolgreich weiterzuführen', sagt Azza."

Einen interessanten Aspekt zur Arbeitsteilung bringt dieser Beitrag ein (Artikel):

"Eine andere Sprecherin, Scheichin Hend Faisal Al Qasimi, CEO der Al Qassemi Al Thani Holding in Katar, diskutierte ebenfalls den Anstieg weiblicher Unternehmer. 'Unser Land und die GCC (Gulf Cooperation Council) Staaten haben Frauen immer unterstützt. In früheren Zeiten waren die Männer für gewöhnlich monatelang auf dem Meer, und die Frauen führten dann üblicherweise ihre Geschäfte. Dann, mit dem Erdöl-Boom, mussten die Frauen nicht mehr arbeiten, und ihre Produktivität ging zurück. 'Das hat sich nun wieder geändert. Die Idee des Unternehmerinnentums ist wie eine Fieber, das jeden erreicht', sagt sie."

Doch nicht nur in der Wirschaft treten mehr und mehr emiratische Frauen ins Licht der Öffentlichkeit. Auf einem völlig anderen Gebiet hat sich in der Region Khulood Atiq einen Namen gemacht: Sie ist die erste bekannte Küchenchefin hierzulande! (Beitrag in The National)
'Chef Khulood' - unter dem Titel ist sie bekannt - begann 2008 ihren ersten professionellen Job in einer Küche, als sie in einer TV-Show als Küchenassistentin anfing. Kurz darauf wurde sie als Spezialitäten-Chef im renommierten Mina A'Salam-Hotel in Dubai eingestellt, wo sie Menüs kreierte, die um emiratische Gerichten kreisten, und wo sie andere Chefs die lokale Küche lehrte.
Momentan ist sie die Spezialistin für Arabische und Emiratische Küche für die Abu Dhabi Tourimsmusentwicklungs- und Investitionsfirma, wo sie dabei hilft, die regionale Kultur zu bewahren und zu entwickeln, indem sie typische Regionalgerichte mehr in der hiesigen Restaurantszene etabliert.

http://mariamali90.wordpress.com/2012/05/27/khulood-atiq-the-first-female-emirati-master-chef-2-2/
 Der nächste Schritt in ihrer Karriere war, als sie 2012 ihr erstes Kochbuch, "Sarareed", als Teil der "Gourmet Abu Dhabi" veröffentlichte. In diesem Rahmen wurde ihr der begehrte "Abu Dhabi Gourmet"-Preis verliehen. Diese Facebookseite hält über ihre Aktivitäten und Pläne auf dem Laufenden: Khulood Atiq 


Unter Freunden moderner Malerei, Fotografie und Kunst-Installationen ist sie hier längst kein Geheimtipp mehr: Karima Al Shomely. Gebürtig aus dem Emirat Sharjah, stellt die Künstlerin längst in internationalen Galerien aus (u.a. in Frankreich, Deutschland, Iran, Spanien). 
Auf ihrem Besuch vor zwei Jahren in Düsseldorf entstand dieses Bild:
http://www.rheinische-art.de/cms/topics/interkultureller-dialog.-die-lepsien-art-foundation-bringt-kuenstler-aus-europa-und-dem-mittleren-osten-zusammen.php - Auf dem Foto: Karima Al Shomely
Und zum Schluss - was wäre die Welt ohne Ärztinnen? Dr. Maryam Matar ist eine hochangesehene emiratische Medizinerin. Die 36-jährige sagt, sie habe in einer einzigen Woche bis zu elf "Hüte" auf: Beispielsweise als Vorsitzende und Gründerin der Assoziation zu Erbkrankheiten in den VAE. Momentan verteilt sie ihre Zeit gleichmäßig zwischen Dubai und Japan. Jeweils sechs Wochen am Stück verbringt sie am einen oder anderen Ort, weil sie gegenwärtig ihre Forschungsarbeit für ihre Professur über Bluterkrankungen in den Emiraten an der Yamaguchi Universität fertigstellt.

http://www.thenational.ae/business/industry-insights/the-life/day-in-the-life-emirati-doctor-maryam-matar
Die hochdekorierte Medizinerin hat in einigen öffentlichen Positionen im Gesundheitswesen gearbeitet und einige Initiativen ins Leben gerufen, so 2012 eine zur Bekämpfung von erblicher Sichelzellen-Anämie. Sie rief 2005 die Down-Syndrom-Vereinigung der VAE ins Leben und ist die erste emiratische Frau, welche zur Generaldirektorin der Dubaier Regierung erhoben wurde.

Also einige durchaus bemerkenswerte Karrieren, aus denen ich hier eine kleine Auswahl getroffen habe. Doch wer nun feststellt: Gut, es gibt emiratische Vorzeigefrauen, die wirklich was leisten. Aber so viele sind es nun auch wieder nicht...
Gegenfrage: Wie viele Damen in Deutschland sitzen denn in Firmenvorständen, leiten Unternehmen, haben Regierungsämter? So sehr viele sind es ja am Ende hier wie da nicht. Wobei man natürlich davon ausgehen kann, dass aus historischen Gründen in Europa die breite Masse der Frauen schon lange ganz natürlich einer Berufsarbeit außer Haus nachgehen muss oder möchte.