Gerade findet es wieder statt, ein einwöchiges
Internationales Abu Dhabi Film Festival.
Fast 200 Filme unterschiedlichster Genre werden an verschiedenen Spielorten vorgeführt, die Auswahl für Cineasten ist also riesig! Höhepunkte, wie die Preisverleihungen in diversen Kategorien, machen die Veranstaltung zu einem Ereignis mit Ausstrahlung, denn auch der junge emiratische Film wird u.a. gewürdigt.
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mein oranges "Freiwilligen"-Shirt und ich im Saal des Emirates Palaces... |
Da ich selbst großer Kino-Fan bin und mich gern mal ein wenig hinter den Kulissen herumtreiben wollte, meldete ich mich als "Volunteer" (Freiwillige) für die Betreuung von Vorstellungen.
Schon zur Einführungsveranstaltung wurde klar: Ich hebe den Altersschnitt der Interessenten beträchtlich: Etwa achzig Prozent dieser Freiwilligen waren nämlich eindeutig College- oder Hochschulstudenten, darunter ein sehr hoher Anteil wiederum emiratische junge Mädchen in schwarzer Abahja und schwarzem Kopftuch, dafür aber hervorragend geschminkt. Und auch so fast alle unglaublich hübsch, das muss man den emiratischen Frauen einfach lassen.
Klassischer "Stundentenjob", könnte man also sagen. Aber andererseits: Man stelle sich vor, jemand fordere in Deutschland Studenten zu solch einem Job auf - zusammen mit der fröhlichen Mitteilung, dass das natürlich völlig freiwillig sei und allein der Kunst zuliebe sei und es keinen einzigen Cent dabei zu verdienen gibt! Den "Andrang" daraufhin möchte man daraufhin mal sehen.... Anders hier; ich hatte den Eindruck, es gab weit mehr Freiwillige als tatsächlich zu besetzende Jobs! Vermutlich ist das Filmfestival eine der hier recht überschaubaren Möglichkeiten, als Student "Arbeitspraxis" in irgend einer Form erwerben oder auch später vorweisen zu können.....
"Auf Schicht": Üben in orientalischer Gelassenheit
Als Deutsche ist "man" ja pünktlich, sogar noch nach vielen Auslandsjahren. Wobei ich es langsam wirklich besser wissen müsste: Schichtbeginn war für mich 16 Uhr. Man sollte eine halbe Stunde zuvor da sein. Sich einschreiben, das Namensschild sowie das orangene Festival-Mitarbeiter-T-Shirt in Empfang nehmen (nicht für Emiraties, diese durften im "National Dress" erscheinen, also Frauen in ihrer schwarzen Robe, Männer in der weißen Dischdascha). Natürlich war ich also pünktlich um 15.30 Uhr am Treffpunkt im "
Emirates Palace Hotel", mit seinem großen Veranstaltungssaal einer der Spieorte.
Die letzten Ankömmlinge, die sich für diese Schicht einzutragen hatten, erschienen 16.30 Uhr. Dann hieß es warten - an unterschiedlichen Plätzen quer durch das Hotel, durch das wir geführt wurden. Das ging so bis ca. 18 Uhr..... - zwar habe ich mir mit der Zeit doch ein bisschen orientalische Gelassenheit beim Warten angewöhnt. Aber ehrlich: Ohne mein Smartphone wäre ich vor Langeweile bestimmt gestorben, denn mit jemandem ins Gespräch zu kommen scheiterte daran, dass alle jungen Leute.... auf ihren Smartphones herumtippten.
Dann ging es doch noch los. Wir wurden per Fingerzeig in Vierergruppen eingeteilt und erfuhren endlich, was wir denn zu tun hatten.... Jeder bekam die Hotelzimmernummer eines Jury-Mitglieds mitgeteilt. Dort sollten wir zu einer bestimmten Zeit anklopfen und zu einem Treffpunkt eskortieren, von wo sie den Roten Teppich des Eröffnungsabends betreten würden (und wir Freiwilligen durften paar Mal dahinter herumwieseln auf dem Weg zu unseren Jobs).
Ich hatte Glück, und so "lohnte" sich für mich denn doch noch. Ich holte die australische Regisseurin
Cate Shortland ab, welche mit dem in Deutschland gedrehten Film "
Lore" um ein Mädchen in den Endwirren des 2. Weltkriegs eine Nominierung für den Oscar 2013 erhielt.
Kaum hatte ich geklopft, wurde mir von Ms. Shortland die Tür geöffnet und ich zu meinem großen Erstaunen sofort hereingebeten. In dem Hotelzimmer sah es sympathisch chaotisch aus, wie es bei allen Familien zu sein pflegt, wenn man noch nicht lange angekommen ist. Denn Ruby, ihre sechsjährige Tochter, sollte mit zur Auftaktveranstaltung, aber erst einmal musste noch die Schleife an ihrem pinken Tüllkleidchen gebunden werden, und auch die Regisseurin selbst bat mich, ihr beim Anlegen ihres Halscolliers zu helfen. Auf bemerkenswerte Weise fühlte ich mich jedoch in der Gegenwart dieser natürlichen Frau nicht wie eine untergeordnete Hilfskraft, sondern eher wie eine Freundin, die man um einen kleinen Handgriff bittet.
Sie hatte natürlich meinen deutschen Akzent bemerkt und so entspann sich schnell ein Gespräch, während sie sich durch Koffer und Schubladen wühlte, um noch dies und das zu finden. Schließlich waren dann aber alle soweit, und ich konnte Cate Shortland und ihre Tochter am vereinbarten Platz abliefern.
Ich muss zugeben - ich bin nun wirklich niemand, der gleich in die Knie geht, weil jemand bekannt oder auch "berühmt" ist. Doch dieses kurze Zusammentreffen mit dieser so völlig normal, warm und ungekünstelt erscheinenden Regisseurin hat mir gefallen.
"Mit dem Clicker in der Hand..."
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Patreshia aus Minnesota, Mit-Freiwillige beim "klickern" (Besucher zählen) |
Die andere Schicht bestand für mich in direktem "Saaldienst". Patreshia aus Minnesota, in Abu Dhabi mit einem Lehrauftrag, und ich bekamen "Clicker" in die Hand. Postiert auf den gegenüberliegenden Seiten des Kinoeingangs hatten wir die "komplizierte" Aufgabe, jeden Eintretenden mit einem "klick" auf den Drücker des Geräts zu zählen. Zumindest bot dieser Abend die Gelegenheit, im Kinosaal stehend einen Großteil von
"Bären" und
"The Homesman" zu sehen.
Und so war ich um einige Erfahrungen, Kulissenblicke und auch Filmschnipsel (sowie veritable Fuß- und Rückenschmerzen....) reicher nach meiner Arbeit als Filmfestivals-Volunteer! Na, und die Gutscheine für Festivalsvorstellungen, die ich als "Lohn" erhielt, müssen auch noch umgesetzt werden...