Da das aber doch regelmäßig für Verwirrung in Deutschland zu sorgen scheint, will ich hier mal ein wenig den Schulalltag von Expat-Kindern im Ausland vorstellen.
Eine meiner Lieblingsanekdoten geht so: Erfährt ein Paar in Deutschland eines Tages über Freunde von mir, dass wir nach Libyen ziehen werden. Ernst gemeinte Frage an mich bei einem späteren Treffen: "Oh, gehen eure Kinder denn da auch in die Schule?"
Ha! Unsere Töchter hätten es "ohne" ganz sicher erst mal klasse gefunden :-). Dummerweise haben sie Eltern, die das a) anders sehen und b) als allererstes - und wichtigstes - bei einem potentiellen Einsatzort jeweils recherchierten: Wie sieht denn dort die Schulsituation aus, können wir da mit Kindern hin?
Und so antworte ich auf die immer wieder gestellte Frage: "Und auf was für eine Schule gehen eure Kinder da jetzt?" stets mit "Auf die deutsche." Und füge meist noch an: "Mit Thüringer Lehrplan", was meist verblüffte Reaktionen nach sich zieht... Denn die meisten Deutschen Auslandsschulen in der Nahost-Region haben sich vor Jahren darauf verständigt, ihrem Unterricht den Thüringer Lehrplan zugrunde zu legen.
Die Deutsche Schule Abu Dhabi führt zum 'Deutschen Internationalen Abitur' (DIAP.) Da ab Kl. 9 diverse Fächer auf Englisch bzw. bilingual unterrichtet werden (Geografie und Biologie, in der Sekundarstufe II auch Chemie; darüber hinaus Kunst und Arabisch, das verpflichtend für alle Expat-Kinder erteilt wird), berechtigt der Abschluss auch gleichzeitig zum Studium an Universitäten weltweit. Wer nicht bis zum Abitur lernen kann oder will, macht nach der Kl. 10 ganz normal den Realschulabschluss.
Da es in Deutschland ja seit Jahren, eigentlich Jahrzehnten, die permanente Diskussion um die - nie wirklich durchgeführte - Schulreform gibt, und was denn da die "beste" Form sei: Man sehe sich ruhig das Vorbild der Deutschen Auslandsschulen an. Hier sind die Klassen binnen-differenziert, das bedeutet, Gymnasiasten, Realschüler (und so es gibt: Hauptschüler) besuchen alle gemeinsam den gleichen Unterricht ihrer Altersstufe; nur die Anforderungen in den Klassenarbeiten und für die Endnoten sind abgestuft nach "Schulform". Ich kann versichern: Die Kinder untereinander vertragen sich bestens, unabhänging von der "Einstufung".
Und so sitzen denn auch morgens und nachmittags in den Schulbussen, welche zur Deutschen Schule gehören, vom 3-jährigen Kindergartenanfänger bis zum 18-jährigen Abiturienten alle friedlich miteinander vereint. Sogar Freundschaften entstehen hier alters- und klassenübergreifend.
Natürlich besteht generell auch für deutsche Expat-Kinder die Möglichkeit, statt dessen eine der vielen anderen internationalen Schulen zu besuchen: britische, amerikanische, französische,.... Für uns, die wir nicht geplant haben oder hatten, permanent im Ausland zu leben, und die wir immer wieder "Zwischenstopp" in Deutschland zwischen zwei Gastländern machen mussten, kam jedoch nur die deutsche infrage. Ich kenne jedenfalls auch einige deutsche Kinder hier, die auf andere Schulen gehen und so gleichzeitig in den Genuss einer "Zweitsprache" kommen - natürlich ein riesen Vorteil für nicht-bilinguale Kinder!
Unsere Töchter finden es daher auch überhaupt nicht "komisch", wenn Eltern ihrer Schulfreunde diese in 'fremden Zungen' ansprechen, sondern eher tragisch, dass sie selbst nicht zwei- oder mehrsprachig aufwachsen können! Sorry, Mädels, das hat nicht geklappt :-)
Denn selbstverständlich gibt es diese auch an der Deutschen Schule: Kinder, deren einer Elternteil nicht Deutsch spricht. Oder Kinder, deren Heimatland z.B. Ägypten oder Syrien ist, die aber schon lange hier leben und bei denen es meist einen familiären Bezug zu Deutschland gibt. Und natürlich auch rein emiratische Kinder, deren Eltern eine deutsche Ausbildung wünschen!
Ein bisschen ulkig finde ich es z.B. aber schon, wenn die Grundschüler in Sachkunde die Gräser und Kräutlein einer mitteleuropäischen Wiesenlandschaft benennen müssen - obwohl einige von ihnen eine solche noch nie gesehen haben! Aber das sind Petitessen, die durch die Horizonterweiterung mittels der vielen anderen Einflüsse sicher nicht überbewertet werden müssen.....
Schüler singen Adventslieder auf dem Weihnachtsmarkt der Deutschen Schule Abu Dhabi |
Schöne Beispiele gelebter und unverkrampfter Toleranz und angenehmen "Miteinanders" sind die Schulfeste. Zum Emiratischen Nationalfeiertag gibt es arabische Lieder und Tänze, und auch deutsch-stämmige Kinder und Jugendliche sieht man teils - ganz freiwillig - mit weiß-grün-rot-schwarzen Shirts, Perücken, Ansteckern, Mützen.
Zur St.-Martins-Feier jedes Jahr finde ich es wunderschön, wenn vor dem Martins-Schauspiel jeweils für die nicht-deutschen Eltern eine kurze Erklärung des Inhalts in Arabisch sowie Englisch gegeben wird. Und anschließend neben bayrischen, niedersächsischen oder brandenburgischen Eltern auch schwarz verschleierte Emiratinnen, ägyptische Mütter mit bunten Kopftuch oder einheimische Väter in langer weißer Robe ganz selbstveständlich ihren Kindern ein "Bethmännchen" zu essen holen oder die selbstgebastelte bunte Martins-Laterne tragen helfen, während die Sprösslinge lauthals das Lied vom hilfsbereiten römischen Militärtribun und späteren Bischof von Tours im 4. Jh. singen....
Ein gutes Herz und Hilfsbereitschaft ist schließlich ganz und gar "international"!
Emiratische Väter zum St.Martinstag an der Deutschen Schule
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