Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Montag, 20. März 2017

Warum Expats gerne länger in den VAE verweilen

Dubai bei Nacht - mehr als nur optisch anregend
 
"Dubai bubble", die "Blase Dubai" ist ein oft gebrauchter Begriff, der sich auch auf Abu Dhabi anwenden lässt: Gemeint ist dieses recht einmalige Konglomerat an Sprachen, Nationalitäten, Hautfarben, Herkunftskulturen in einem harmonisch wirkenden Miteinander, das bei hohem Lebensstandard den Firnis des "Schneller, Höher, Weiter" trägt, der insbesondere in Dubai mit regelmäßigen Rekorden aller Art gepflegt wird.

Eine neuerliche Studie von DIFC Wills & Probate Registry (WPR) zeigte, dass 64 % der befragten Expats, die für eine bestimmte Zeitspanne zum Leben und Arbeiten in die Vereinigten Arabischen Emirate kamen, signifikant länger als ursprünglich geplant bleiben. Natürlich zählen darunter auch tausende Syrer; Jemeniten oder Irakis, die einfach froh sind, wenn ihre Visa momentan hier einfach stillschweigend verlängert werden.
Der Großteil der "Bleiber" wird jedoch von Expats gebildet, die problemlos in ihre Heimat heimkehren könnten, sich jedoch einfach an den "bubble lifestyle" gewöhnt haben. So blieben i.d.R. die Befragten drei Jahre länger als vorgesehen. Doch immerhin jeder Zehnte von ihnen lebt bereits über 20 Jahre länger zwischen Wüstendünen, Wolkenkratzern, Wasserparks und ständig neuen Attrationen unter dem (fast) immerblauen emiratischen Himmel! Nicht zu vergessen überdies, dass die persönliche Sicherheit in diesem Land extrem hoch ist.

Emirate: hoher Freizeitwert

Lebensgefühl "Laufen und Springen"


Dass sich so viele angezogen und auch länger wohlfühlen in den VAE, hat sicher mit dieser speziellen Atmosphäre zu tun: Ständig entsteht ein neues Wohnviertel, eine neue Mall, ein neuer Park. Es ist dieses "Vorwärts"-Gefühl, das von einer leichten momentanen Stagnation in einigen wirtschaftlichen Bereichen nicht ausgebremst werden kann.
Mir sagte ein Emirati einmal: "Wir Emiraties sind es gar nicht mehr gewohnt zu gehen, um voranzukommen. Wir können inzwischen nur noch rennen und springen - immer weiter!"

Dem Holpern in der Ölbranche will das Land mit diversen Vorkehrungen begegnen, insbesondere dem Ausbau von Tourismus, Handel und erneuerbaren Energien. Unlängst hieß es aus Regierungskreisen (Kronprinz Hamdan von Dubai), dass "2016 der nicht an den Ölsektor gebunde Außenhandel der VAE 1.276 Billiarden AED erreichte. Die Fluktuationen am Weltmarkt beeinträchtigten nicht die performance in diesem Sektor (...) Handel ist nicht nur wichtig für die wirtschaftliche Diversifizierung, es ist auch ein bedeutender Teil unseres historischen Erbes."



Doch nicht nur in diesen Bereichen geht es voran. Wenn man bedenkt, das das Land noch vor 50 Jahren nicht als solches existierte und die Städte nur aus einigen Häuseransammlungen bestanden, doch heute zu den modernsten der Welt gehören, bewegt sich viel.
Die Regeln rund um den Straßenverkehr sind mittlerweile auf westlichem Niveau (mit drastischen Strafen fürs Übertreten). Und es wird für Verkehrssünder auch keinesfalls leichter. Neulich wurde vermeldet, dass die Dubaier Polizei von der Abteilung Verkehrssicherheit gerade eine neue technische Möglichkeit "ausheckt", um Fahrer mittels eines Radars dingfest zu machen, die ohne Sicherheitsgurt fahren oder aber in irgendeiner Form während des Fahrens mit ihrem Mobiltelefon "beschäftigt" sind. Ein Delikt, dass leider bei aller Gefährlichkeit nur allzu verbreitet in den VAE ist ...

Rechte von Haushaltshilfen werden gestärkt


Ministerien sorgen dafür, dass auch  Arbeitsmigranten aus sogenannten "Drittweltstaaten" hier einklagbare Rechte haben - das gilt nicht nur für Bauarbeiter etc. (ich berichtete); dieser Tage wird ein neues Gesetz verabschiedet, das die Arbeits- und Urlaubszeiten, Lohn und sonstige Grundrechte von Haushaltsangestellten eindeutiger als bisher regelt. Es liegt auf einer Linie mit der International Labour Organisations Convention 189 und der Empfehlung 201 über angemessene Arbeitsbedingungen für Haushaltshilfen.

Was möglicherweise noch weitreichender ist: 2015 wurde vom Präsidenten Sheikh Khalifa ein Anti-Diskriminierungsgesetz für die VAE verabschiedet. Darin ist festgeschrieben, dass jegliche Diskriminierung aufgrund von Religion, Herkunft, Rasse, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit oder Kaste verboten sind.

Anti-Diskriminierungsgesetz verabschiedet


Insbesondere die Herabwürdigung jeglichen religiösen Glaubens - egal, welches! - und religiös motiverter Hass oder Beleidigung und Herabwürdigung in Wort, Schrift (z.B. soziale Medien) oder Handlung werden gesetzlich verfolgt und bestraft (Geld- und Haftstrafen bis zu zehn Jahren).

Ich frage ich mich manchmal - insbesondere, wenn ich einmal wieder in deutschen Kommentaren zu Medienberichten gelesen habe - warum ausgerechnet HIER so ein Gesetz bekräftigt und unterstrichen wird? Während mir in den sozialen Medien meines Heimatlandes, das diese Dinge längst im Grundgesetz verankert hatte, Beleidigung und Hass auf andere, Andersartige, Andersdenke, anders Betende,.... seit einiger Zeit wie Unrat nur so entgegenquillt, habe ich in fast 5 Jahren meines Lebens in den VAE noch nicht ein einziges Mal auch nur ansatzweise erlebt oder bemerkt, dass hier die Leute aus über 200 Nationen übereinander herziehen, sich vollpöbeln, böse Blicke zuwerfen oder gar tätlich werden - bei so viel geballter "Andersheit" auf den Straßen gäbe es da viele (vorgebliche) Gründe!

Zum besonderen "spirit", der zum Leben in den Vereinigten Arabischen Emiraten positiv beiträgt, müsste man sicherlich auch die oft originellen und realitätsorientierten Aktionen der Regierenden zählen, speziell Sheikh Mohammed bin Rashid al Maktum von Dubai trägt dazu kräftig bei.

So müssen auf seine Initiative hin neuerdings jugendliche Raser, welche auf öffentlichen Straßen gefährliche Motorrad-Stunts vollführen oder sich gar nächtliche Autorennen liefern und damit die Sicherheit aller attakieren, zur "Strafe" - ausgestattet mit orangener Weste - die Gehwege der Metropole reinigen. Die Bilder der Aktion wurden in den sozialen Medien zig-fach geteilt und zustimmend kommentiert

Strafdienst im Zoo für Grausamkeit. https://twitter.com/DXBMediaOffice/status/841985112623456257?ref_src=twsrc%5Etfw
 
Eine andere Zeitungsmeldung erreichte vorige Woche sogar deutsche Medien: Schnell hatte sich im Internet ein grauenvolles Handy-Filmchen verbreitet, das insgesamt drei Männer zeigte, welche eine lebendige, eingesperrte Katze - offensichtlich einem extra darauf scharf gemachten - Rottweilern zum Zerfleischen gaben. Diese Tierquäler wurden innerhalb kurzer Zeit polizeilich dingfest gemacht
Sheikh Mohammed erklärte, dass sie mit diesem "bestialischen Akt grundlegende menschliche Regeln missachtet sowie muslimische Werte verletzt" hätten. Er verfügte, dass sie nun drei Monate lange jeden Tag den Zoo Dubai putzen müssen.

Global Teacher Prize


Sicher tragen solche schnellen und eingängigen Aktionen der Regierung zur Verbundenheit der ständig oder zeitweise hier lebenden Bevölkerung bei. Natürlich gibt es aber auch erfreuliche Anteilnahme anderer Art. Als Beispiel sei genannt, dass gestern die kanadische Lehrerin Maggie Mac Donnell von Sheikh Mohammed bin Rashid al Maktum mit dem auf eine Million US-Dollar dotierten Global Teacher Prize in Dubai geehrt wurde. Die Jury zeichnete die Pädagogin für ihre vorbildliche Arbeit mit Schülern in der kanadischen Arktis aus. Marie-Christine Ghanbari aus dem Münsterland schaffte es als erste Deutsche unter die zehn Finalisten. (Wie, erzählt sie hier im Interview.) Beworben hatten sich mehr als 20.000 Lehrer aus 179 Ländern bei der Varkey Foundation, die jährlich den Preis vergibt.

Maggie MacDonnell mit Scheich Mohammed Bin Raschid Al Maktum bei derVerleihung des Global Teacher Prize in Dubai  (Foto: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/bild-1139485-1120102.html)

Dubais Herrscher: Spaziergänge in der "Masse"


Klar, solche internationalen Anlässe in die VAE zu holen und o.g. Auftritte diverser Art sind nicht zuletzt für die emiratischen Emire auch medienwirksam und PR-Arbeit im eigenen Interesse. Doch stets fällt einem insbesondere als Nicht-Emirati auf, wie volksnah die "Könige" hierzulande unterwegs sind.

Der 2004 verstobene Staatsgründer, Sheikh Zayed bin Sultan Al Nahyan, ist ein geradezu legendäres Beispiel dafür. Regelmäßig hört man hier Geschichten von Leuten, die ihm zu Lebzeiten persönlich begegnet sind, weil er eigentlich ständig in seinem Land, unter seinen "Schäfchen" unterwegs war und mit den Menschen ins Gespräch kam.

Auch die heutigen Regierungschefs knüpfen an diese emiratische Tradition an. Wer "Scheich Mo", wie ihn seine Bevölkerung liebevoll nennt, noch nicht selbst in Dubai begegnet ist, kann regelmäßig in den sozialen Medien erleben, wie er "inkognito" (aber natürlich erkennt man ihn überall) in Shopping Malls, auf Festivals, zum Essen mit einigen Verwandten und Freunden in öffentlichen Cafés sich unters Volk mischt (hier ein Clip, wie er in einem vollbesetzes Café an der Dubai Mall Platz nimmt).

Auch der "König" wartet an der Ampel auf Grün


Vor wenigen Tagen machte ein Clip die Runde, wie der Herrscher von Dubai sowie Premieminister und Vizepräsident der VAE zu Fuß mit einigen Emiratis geduldig an einer belebten Ampelkreuzung auf Grün watete (Video hier). Ein Schelm, wer Arges dabei denkt - natürlich auch hier eine geschickt platzierte PR.

Dennoch - interessant fand ich den Kommentar eines Inders darunter, welcher zu bedenken gab: "Wie erfrischend natürlich! Wenn in Indien ein Politiker von A nach B will, sind stundenlang alle Straßen gesperrt!" Das kann ich in Erinnerung an viele, viele Warteminuten - damals, während unserer Jahre in New Delhi - auf polizeilich für "hochrangige Personen" abgesperrten Kreuzungen nur bestätigen ...
By the way ... wie leicht kommt man eigentlich ohne Voranmeldung an hochrangige bundesdeutsche Politiker im täglichen Leben "heran"?

Die VAE feiern jegliche internationalen "großen" Feste


Zum guten Schluss. Was ist es, was es den hiesigen vielen Expats so leicht macht, ihre Verträge verlängern zu wollen  - neben Sonne, Sand, Entertainment und persönlicher Sicherheit? Es gibt einfach ein gutes, ein "willkommenes" Gefühl, wenn im islamischen Land VAE vor Weihnachten überall die Weihnachtsdekorationen, weihnachtliche Märkte und Kulturveranstaltungen sowie Christmetten das entsprechende, von daheim gewohnte "Flair" verbreiten.
Vor Diwali kann sich die hinduistisch geprägte Gast-Bevölkerung über entsprechenden Zierrat in den Malls freuen; großartig und farbenprächtig wird für die fernöstlichen Expats das chinesische neue Jahr begangen!

Hotel Burj al Arab in "irischem" Grün am 17.3. anlässlich des St. Patricks Day

Vorigen Freitag, am 17. März, erstrahlten alle wichtigen Gebäude hierzulande in sattem Wiesengrün - vom Burj al Arab über den Burj Khalifa in Dubai bis hin zum Hotel Yas Viceroy oder dem "Schiefen Turm", dem Capital Gate, in Abu Dhabi.
Wer sich nun vielleicht fragt, warum an diesem Tag alles knallgrün aussah - da er oder sie vielleicht weder mit Irland noch mit den VAE vertraut ist: Ganz einfach. Der 17. März ist St. Patricks Day! Dieser Tag wird in der römisch-katholischen Kirche zu Ehren des Heiligen Patrick begangen, und insbesondere von den Iren, als deren Schutzpatron der Heilige gilt. Da Grün die irische Nationalfarbe ist, erstrahlt also für die irischen Landsleute in den VAE an "ihrem" Tag alles in dieser Farbe.
Man bedenke: Es ist der Tag eines katholischen Heiligen, welcher unter den Iren meist mit sehr viel Bier etc. gefeiert wird ... und das mit Einverständnis und Fürsorge des islamischen Gastlandes.

Nicht überall auf dieser Welt fühlt man sich als Ausländer in seiner "Anderartigkeit", mit seinen heimatlichen Bräuchen und Festen so akzeptiert und umsorgt, wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten ... Das macht es logischerweise schwerer, diese zu verlassen.


Sonntag, 5. März 2017

Echt Emiratische Küche


Der weit herumgekommene Tourist von heute weiß das ja: Hummus, Tabbouleh, Fattoush, Baba Ghanoush, Kibbeh und dazu Fladenbrot sind typisch "arabische" = emiratische Gerichte. NICHT!

Es stimmt zwar, dass dies nahöstliche (Vor-)Speisen sind, welche auch auf emiratischen Restaurant-Buffets selten fehlen. Doch weniger, weil sie so genuin emiratisch wären, sondern eher, weil auch andere Beispiele internationaler Küche hierzulande nie weit sind und der Gast diese Gerichte eben ohnehin erwartet.

Seite im emiratischen Kochbuch "Sarareed"


Einige emiratische Küchen-Chefs haben es sich zur "Chefsache" gemacht, die hiesigen Kochtraditionen ihrer Großmütter nicht nur für die Emiratis selbst wieder zu pflegen, sondern auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen -  sowie davor zu bewahren, angesichts unzähliger Fastfoodläden wie auch Fünfsternerestaurants globalster Provenienz die einheimische Küche in Vergessenheit geraten zu lassen.

Die emiratische Küchentraditionen unterscheidet sich teilweise sehr von der benachbarter Regionen in Nahost; näher verwandt sind sie nur mit denen in Saudi-Arabien, Oman und Bahrein. Sie sind dominiert von den Zutaten Fleisch, Fisch, Getreide und Milchprodukten, was auf den unfruchbaren Wüstenboden in weiten Teilen der VAE zurückzuführen ist.
Alte Gerichte umfassen häufig Harees (einem aus gestampftem Getreide mit Fleischstückchen gekochten Brei), Maqluba (einem aus Fleisch, Reis und Gemüsen in einem Topf gekochten Gericht) oder Arseeya (ein Reispudding, der oft Geflügel serviert wird). Zudem gibt es regelmäßig gegrilltes Kamel, Ziege, Hühnchen oder anderes Geflügel. Entscheidend dafür, dass es "emiratisch" schmeckt, sind auch hier die speziellen Gewürzkombinationen.

Die einheimische Küche zu propagieren hat sich u.a. Chef Ali Al Ebdowa vom bekannten "Mezlai"-Restaurant im Hotel Emirates Palace Abu Dhabi verschrieben. Doch auch die gefeierte Chef Khulood Atiq, erste weibliche Küchenchefin der VAE, sowie die emiratische Jungunternehmerin Shaikha Al Kaabi von "Meylas Restaurant" werden stets genannt, wenn es um diese Kulturfacette des Landes geht. Die junge Amna Al Hashemi wiederum hat als erste emiratische Küchenchefin in Dubai ein eigenes Restaurant eröffnet; auf Instagram kann man ihr und ihren Kreationen unter dem gleichnamigen "Mitts and Trays" folgen.

All diese und noch einige andere Kochkünstler sehen sich natürlich nicht ausschließlich als Bewahrer, sondern entwickeln die alten Kochtraditionen auch weiter.

Chef Khulood beispielsweise wurde vor etwa fünf Jahren einmal gebeten, emiratisches "Fingerfood" für einen Anlass zu vorzubereiten. "Nun, emiratisches Essen wird eigentlich niemals auf diese Weise serviert, da es stets in Großportionen für die Großfamilie daherkommt. Doch ich habe mir sieben verschiedene Rezepte ausgedacht, wie man diese Gerichte in der gewünschten Weise präsentieren könnte. Heute habe ich mittlerweile über 300 solcher Rezepte!" (Zitat)