Es gibt die Goldmarie und die Pechmarie. Zumindest in Grimms Märchen.
Und dann gibt es noch die SandMarie. Die sitzt manchmal auf einer emiratischen Düne und lässt den Sand durch ihre Finger rinnen. So wie die Sandkörner herab, fließen dann gelegentlich Buchstaben durch ihren Sinn, welche sich zu Worten und Sätzen fügen: Über das Leben allgemein, das Leben als Expat in den Emiraten, über Menschen, Bücher (z.B. mein eigenes, s.o.), Erlebnisse....

Sonntag, 18. Mai 2014

"Essen wie bei Mama" - diesmal auf äthiopisch!

Es ist interessant, in einer fremden Kultur zu leben - aber mit der Zeit natürlich nicht mehr so sehr wie zu Anfang. Abu Dhabi mit seinem Hunderte-Nationen-Mix macht es einem leicht, auch mal in völlig andere einzutauchen. Und wie ginge das schneller und freudvoller, als über die Landesküche?

Gleich geht's los... mit der rechten Hand!
Äthiopien.... "Wiege der Menschheit" (Urmensch "Lucy"), Königreich von Axum während der Antike, Kaiserreich Abessinien (Spätantike bis 1974, Abessinien), phantastische Natur, Kaffeeanbau.... und leider auch: Hungersnot. Das ist das, was mir zu dem Land spontan einfällt. Weil - ehrlich gesagt, aber letzteres der erste Denkreflex war, als ich im Abu Dhabi-Stadtmagazin TimeOut vom äthiopischen Restaurant "Bonna Annee" las, war ich erst einmal irritiert! Bis mir einfiel, dass diese traurige Entwicklung der Neuzeit ja nicht allein die gesamte, jahrtausendealte Hochkultur der Äthiopier ausmacht. Also machten wir uns neugierig auf, um den Geschmack der äthiopischen Küche zu erfahren.


Im Vergleich zu den unzähligen, hochgestylten Fünfsterne-Restaurants von Abu Dhabi wirkt "Bonna Annee", in einer Seitenstraße verborgen, eher wie ein erweitertes Wohnzimmer: überschaubar, nett, sauber, mit einigen afrikanischen Deko-Elementen verschönt, aber angenehm unperfekt. Am Freitagabend sind alle Tische besetzt.

Fast alles offenbar äthiopische Landsleute oder "Nachbarn" aus dem Sudan: Beste Freundinnen, eine beständig lachende Mädchenrunde, ein paar junge Männer, die sich offenbar vor dem Ausgehen noch einmal mit "Futtern wie bei Muttern" stärken wollen, ein junges Paar mit Kleinkind. Wir sind fast die einzigen "Fremden".

Die Speisekarte ist laminiert und abgegriffen, die Gerichte darauf sagen uns so oder so vom Namen her nichts. Also bestellen wir "von allem etwas", eine durchaus gebräuchliche Praxis offensichtlich.


Recht flott erscheint dann auch unser Mahl: ein riesiger Fladen Injera (äthiopische Küche) wird zwischen uns auf den Tisch gestellt; er ist gräulich und sieht ein wenig nach Styropor aus, fühlt sich aber eher lappig-schaumstoffartig an und schmeckt angenehm säuerlich. Darauf verteilt die Kellnerin aus einer Vielzahl von Schälchen geschickt die Inhalte: Soßen, aber auch Gemüsemus und gebratenes Fleisch.


Es geht ans Genießen. Doch weder Messer oder Gabel, noch nicht einmal ein Löffel wurde uns dagelassen - äthiopisch speisen heißt nämlich, mit der Rechten vom Fladenbrot etwas abzuzupfen, damit Fleisch und Soße aufzunehmen... rollen, essen. Eine Matscherei, die wir aber mit Anstand und ohne großes Kleckern meistern und welche dem Genuss in keiner Weise Abbruch tut. Und Genuss kann man es mit Fug und Recht nennen: Die Beigaben zum Injera sind oft leicht scharf durch die Berbere genannte Würzmischung (die gehackten Jalapenos im Salat sammeln wir vorsichtshalber gleich erst einmal heraus!), aber absolut köstlich!

Äthiopien - Ursprungsland des Kaffees! Natürlich beschließen wir das Mahl mit einem Kaffee, der tatsächlich wunderbar mild und aromatisch ist. Dabei beobachten wir das heitere Kommen und Gehen der Äthiopier ums uns herum. Die Rechnung hernach weist einen Betrag aus, für den man sonst in Abu Dhabi zumeist eher nur ein einziges Gericht bekommt. "Bonna Annee" - wir kommen wieder!